Welchen Einfluss hat Kälte auf unsere Gesundheit? Warum konnten unsere Vorfahren – ohne beheizte Wohnräume – den Winter überleben? Bedeutet Kälte außen, dass wir uns innen erkälten? Heute geht es darum, wie Du die Kälte am besten nutzt, um gesünder zu werden und gesund zu bleiben.
In der Dusche überrascht
Stell Dir vor: Du befindest Dich mitten in einer schönen, heißen Dusche und spürst, wie sich Deine Muskeln entspannen. Die Anspannung des Tages (oder die Schläfrigkeit der Nacht) lässt nach. Während Du Dich in dem Moment der Ruhe aalst, bekommt Dein Körper plötzlich einen Schock. Nach einer Sekunde mit Orientierungsproblemen stellst Du fest, dass etwas mit dem heißen Wasser passiert ist. Hat jemand die Waschmaschine gestartet oder am Waschbecken nebenan das heiße Wasser “geklaut”? Spielt die Heizung verrückt? Deine Hoffnung auf Entspannung ist sofort zerstört, Dein Stresslevel durch die Decke gegangen, Du machst, dass Du aus der Dusche kommst – fluchend, murmelnd und zitternd hüllst Du Dich schnell in Dein Handtuch.
Hat Dir diese kalte Dusche den Tag ruiniert? Muss das sein?
Was steckt dahinter, dass manche Menschen behaupten, Kälte könne gesund sein?
Ich meine, unsere unzivilisierten Vorfahren – ich beziehe mich gerne auf die Menschen in der Steinzeit – haben sich sicher auch ab und zu gewaschen. Nur fanden sie wahrscheinlich kein “wohltemperiertes” Wasser dazu. Was können wir von ihnen lernen?
Kalt ist gesund
Wiederkehrende “Anwendungen” von Kälte können die Gesundheit verbessern. Kälte kann erstaunliche Dinge für Dich bewirken. Denn folgende Dinge passieren, wenn Du Deinen Körper der Kälte aussetzt:
Kalt macht Dich weniger hungrig
Wenn Du Dich regelmäßig der Kälte aussetzt, schüttet Dein Organismus verstärkt bestimmte Hormone aus.1 Diese regulieren Dein Hungergefühl und verstärken die Wirksamkeit von Insulin. Insulin ist ein Hormon, das dafür sorgt, Nährstoffe und Energie in Form von Glukose in Deine Körperzellen zu bringen.
Kalt macht weniger weiß und mehr braun
Wusstest Du, dass Fett nicht gleich Fett ist? Über Fette – gesunde und ungesunde – in der Ernährung hatte ich einen Artikel geschrieben. Aber auch das Fett in Deinem Körper ist nicht überall gleich. Es gibt sogenanntes “weißes” oder “braunes” Fettgewebe. Das liegt tatsächlich daran, dass es unter dem Mikroskop unterschiedliche Farben aufweisen kann.
Weißes Fett kommt im Körper eines Erwachsenen am häufigsten vorkommt. Es speichert Energie in Form von Speicherfett, schützt als Isolierfett vor Kälte und polstert als Baufett Organe und Gelenke. Außerdem produziert das Fett Hormone. Du siehst, dass weißes Fett wichtig für Deinen Körper ist. In einem gesunden Maß wird es auch “essenzielles Körperfett” genannt. Wenn Du zu viel davon hast (Stichwort Speicherfett), wirkt sich das negativ auf Deine Gesundheit und Dein Wohlbefinden aus.
Braunes Fettgewebe beinhaltet viele Mitochondrien – Bestandteile unserer Zellen, die auch “Kraftwerke der Zellen” genannt werden. Durch diese Mitochondrien erscheint diese Art von Fett unter dem Mikroskop dunkel. Es speichert auch keine Energie, sondern verbrennt sie, um Wärme zu erzeugen und die Körpertemperatur stabil zu halten. Säuglinge verfügen über große Mengen an braunem Fettgewebe – bis zu fünf Prozent ihres Körpergewichts. Bei Erwachsenen findet man nur noch kleine Reste an den Schultern, im Nacken und in weißen Fettreserven.
Durch Kälte wird weißes Speicherfettgewebe in wärmeerzeugendes braunes Fettgewebe umgewandelt.2,3 Das bedeutet: Kälte außen führt zu Wärme innen! Wenn das mal keine gute Neuigkeit ist!
Dazu kommt, dass braunes Fettgewebe, das bereits vorhanden ist, durch Kälteeinwirkung aktiviert wird.4
Kalt führt zu einem verbesserten Zuckerstoffwechsel
Ja, mit regelmäßiger Kälte kannst Du auch verbessern, wie Energie (Glukose) in Deine Zellen kommt. Als erstes sei hier erwähnt, dass durch Kälte der Blutzuckerspiegel sinkt. Außerdem steigt Deine Insulinempfindlichkeit. Und das wiederum bedeutet, dass Du weniger Insulin benötigst, um die Glukose in Deine Zellen zu bringen.5
… und auch zu einem verbesserten Fettstoffwechsel
Neben dem verbesserten Zuckerstoffwechsel kannst Du mit Kälte auch Deinen Fettstoffwechsel und damit die Fettverbrennung ankurbeln.6
Kalt lässt Dich besser schlafen
Wahrscheinlich hast Du schon einmal die Empfehlung gehört, die Heizung nachts herunterzudrehen. Die niedrigeren Temperaturen sollen uns wohl besser schlafen lassen. Das liegt daran, dass kühlere Zimmertemperaturen dazu beitragen, die eigene Körpertemperatur im Kern unseres Körpers zu senken. Und das wiederum erleichtert den Schlaf.7,8
Kalt aktiviert Dein Immunsystem
Wie wäre es, Dein Immunsystem über regelmäßige Kälteanwendungen zu aktivieren? Dadurch schüttet nämlich Dein Körper vermehrt weiße Blutkörperchen aus.9,10 Und deren Aufgabe es ist, Viren und Bakterien zu bekämpfen. Auf diese Weise könnte ein aufkeimender Infekt abgeschwächt oder einer Krankheit vorgebeugt werden. Eine Studie konnte zeigen, dass sich Arbeitnehmer, die regelmäßig kalt duschen, seltener krank schreiben lassen.11
Kalt reduziert Entzündungen
Kälte hilft uns auch, Entzündungen zu reduzieren. Bitte erinnere Dich, dass Entzündungen per se nichts Schlechtes sind. Sie helfen uns, mit allerlei Herausforderungen umzugehen. Allerdings, wenn Entzündungen chronisch werden, ist das meist nicht förderlich für unsere Gesundheit. Kälte-Einflüsse können verhindern, dass Entzündungen zum Dauerzustand werden. Oft wird dafür die sogenannte Cryotherapie eingesetzt.12
Kalt steigert Dein Super-Antioxidans
Kennst Du das Super-Antioxidans, das Dein Körper selbst produziert? Es heißt Glutathion und wird manchmal auch “Mutter der Antioxidantien” genannt. Denn es hat eine besonders starke sowie positive Wirkung auf den gesamten menschlichen Organismus. Du kannst also durch Kälte-Einwirkungen Deine körpereigene Glutathion-Bildung steigern und so den oxidativen Stress in Deinem Körper verringern.13
Kalt verbessert Deine Gefäßgesundheit
Gesunde Gefäße sind wichtig für ein langes Leben voller Wohlbefinden. Du kannst sie mit Kälte unterstützen.14
Kalt für mehr Fitness
Fit bis ins hohe Alter – jetzt kannst Du ziemlich einfach zu diesem Traum beitragen, denn durch regelmäßige Kälte-Anwendungen steigerst Du Deine Fitness und Deine sportliche Leistungsfähigkeit. Du kannst besser regenerieren. Außerdem verbesserst Du Deine Muskelkapazität.15 Um diese Verbesserung anzustoßen, musst Du nicht mal mehr trainieren, sondern Dich einfach regelmäßig der Kälte aussetzen.
Kalt verhindert ungebremstes Zellwachstum
Die Zellteilung ist wichtig für Erneuerungsprozesse im Körper. Aber auch hier kommt es auf ein gesundes Maß – also eine gesunde Erneuerungsgeschwindigkeit – an. Zu schnell bedeutet hier ungebremstes Zellwachstum und das kann ein Zeichen für schwerwiegende Krankheiten sein. Ein bestimmtes Enzym in uns drinnen steuert maßgeblich das Zellwachstum. mTOR – Mechanistic Target of Rapamycin – hilft Dir dabei, Deine Leistung zu steigern, Muskelwachstum zu fördern und auch Wunden zu heilen. Das heißt, eine mTOR-Aktivierung ist sehr häufig sinnvoll und zweckmäßig. Auf der anderen Seite ist eine übermäßige mTOR-Aktivierung ein Risikofaktor für viele Krankheiten.
Kälte ist jedenfalls ein wirksames Mittel um übersteigerte mTOR-Aktivierung einzudämmen oder zu verhindern.16
Kalt hilft zu reparieren
Durch regelmäßige Kälte kannst Du Deine Autophagie unterstützen.17
Autophagie ist Dein körpereigener Mechanismus, den eigenen Organismus zu reparieren. Einfach ausgedrückt, werden durch Autophagie krankhafte oder funktionseingeschränkte Teile des eigenen Körpers (z.B. überalterte Zellen) selbst verzehrt. Dadurch bekommt Dein Körper wieder mehr Freiraum, gesunde Körperfunktionen zu pflegen.
Kalt unterstützt Deine Schilddrüsenfunktion
Kälte führt auch dazu, dass Deine Schilddrüsenhormone ansteigen und eine bessere Wirkung verbreiten.18
Meine eigenen Kälte-Erfahrungen
Kälte-Empfindungen in mir drin kenne ich nur zu gut. Kalte Hände, kalte Füße, all das sind ständige Begleiter gewesen, insbesondere, wenn ich länger nichts gegessen hatte. Ich erinnere mich an lange Arbeitstage im Büro, während derer ich froh war, dass mein Bürostuhl nicht zu weit weg von der Heizung platziert war. Ich habe sicher meine Büro-Nachbarn auf die Probe gestellt, wenn die Heizung voll aufgedreht war und ich trotzdem meinen Winter-Anorak auf meine Beine legen “musste”, um die Kälte auszuhalten. Damals hatte ich vielleicht bereits ohne es zu wissen meine Schilddrüsenunterfunktion – eine mögliche Erklärung für dieses übermäßigen Frieren.
Als ich dann vor einigen Jahren von der Möglichkeit erfuhr, mein Wohlbefinden durch Kälte zu verbessern, war ich erst einmal abgeschreckt. Ich würde das niemals schaffen!
Aber irgendwann war meine Neugier einfach zu groß. Immerhin hatte ich es geschafft, auf Getreide, Milchprodukte und Zucker zu verzichten. Wäre es einen Versuch wert?
Heute dusche ich fast jeden Morgen kalt. Manchmal gehe ich auch in die kalte Badewanne – am liebsten nach einer intensiven Sporteinheit.
Am erstaunlichsten fand ich, dass sich dadurch mein Kälteempfinden – oder meine körpereigene Temperaturregulation? – total verändert hat. Früher bin ich mit dicken Pullis ins Büro gegangen und wollte meinen Kollegen selbiges verbieten (weil sie ja Heizung herunter drehten und Fenster aufrissen). Das hatte sich um 180 Grad gedreht: ich kam kurzärmlig ins Büro, während meine Kollegen nur im Pullover dort auftauchten.
Erfrierungen vermeiden
Es geht bei den Kälte-Anwendungen überhaupt nicht um “viel hilft viel”. Also, ich meine nicht, dass Du im tiefsten Winter stundenlang nur mit Bikini bekleidet im Schnee spielen sollst. Denn es gibt sie tatsächlich, die Gefahr des Erfrierens.
Alltägliche Dinge angehen
Kälte kannst Du systematisch lernen. Das fängt meiner Meinung nach mit Deiner Einstellung an. Wenn Du in Deinem Kopf oft den Satz “Kälte ist schlecht” formst, wird er auch zu Deiner Realität. Wie wäre es einmal mit “Ich möchte Kälte kennen und nutzen lernen”?
Du musst Dich nicht komplett einmummeln, um bei kühleren Außentemperaturen bloß keine Kälte zu spüren. Vielmehr ist Dein Körper darauf programmiert, mit verschiedenen Umgebungstemperaturen umzugehen. Er erwartet sie regelrecht.
Deswegen kannst Du es unbesorgt ausprobieren, auch im Winter – oder im winterlichen Frühling? – einmal nur mit T-Shirt und Hose bekleidet ins Freie zu gehen. Versuche, wie lange Du es aushältst! Zur Sicherheit kannst Du ja eine dickere Jacke dabei haben und sie anziehen, sobald es nötig wird.
Keine Angst vor kaltem Wasser! Kaltwasserduschen kannst Du lernen. Taste Dich langsam heran und genieße jeden kleinen Fortschritt, den Du machst. Beobachte dabei, ob sich an Deinem generellen Kälte-Empfinden etwas ändert!
Du kannst auch mit Eiswürfeln experimentieren oder sie benutzen, um Dich an Kälte zu gewöhnen. Nimm zum Beispiel einen Eiswürfel in den Mund und lass’ ihn dort schmelzen. Wenn Du einen Eiswürfelbeutel in Deinen Nacken legst, kannst Du dort gezielt Dein braunes Fett unterstützen.
Kälte lohnt sich
Die Liste der möglichen Vorteile von Kälte ist doch ziemlich interessant – findest Du nicht? Potenziell können wohl viele Menschen von der Kälte profitieren. Es geht darum, unsere körpereigenen Systeme zu regulieren und sie auf gesunde, natürliche Weise zu steuern. Wahrscheinlich müssen wir Menschen im Namen der Gesundheit nicht komplett auf heiße Duschen verzichten (und wenn schon – wer würde sie aufgeben?. Ich denke, in der Kaltwasser-Anwendungs-Forschung werden wir noch viele neue Erkenntnisse erlangen.
Übrigens, wenn Du oft müde bist und Probleme hast, überschüssiges Körperfett zu verlieren, kann das mit einer zu großen Menge an Stressfaktoren zusammen hängen. Es können neben der fehlenden Kältereize noch andere Gründe vorliegen. Ich habe die fünf häufigsten Auslöser für Müdigkeit und unerwünschte Gewichtszunahme in meiner kostenlosen Hashimoto-Checkliste zusammen gestellt. Lerne sie kennen, um sie anzugehen. Nimm’ die Liste als Geschenk von mir an, um Dich auf Deiner Reise zu mehr Energie und Wohlbefinden zu unterstützen.
1 P. Imbeault et al 2009. Cold exposure increases adiponectin levels in men.
2 Y. Ravussin et al 2014. Effect of Intermittent Cold Exposure on Brown Fat Activation, Obesity, and Energy Homeostasis in Mice.
3 V. Ouellet et al 2012. Brown adipose tissue oxidative metabolism contributes to energy expenditure during acute cold exposure in humans.
4 A. Cypess et al 2012. Cold but not sympathomimetics activates human brown adipose tissue in vivo.
5 A. El Mohandes 1991. Effects of cold exposure and starvation on plasma glucose insulin and catecholamine levels in albino rats.
6 J. Howard 2014. Sleeping In A Cool Environment May Boost Your Metabolism, And Here’s Why.
7 E. Buhr et al 2010. Temperature as a universal resetting cue for mammalian circadian oscillators.
8 P. Lee et al 1989. Cold exposure or norepinephrine injections altered melatonin levels in the quail retina.
9 D. Gagnon et al 2014. The effects of cold exposure on leukocytes, hormones and cytokines during acute exercise in humans.
10 I. Brenner et al 1999. Immune changes in humans during cold exposure: effects of prior heating and exercise.
11 G. Buijze et al 2016. The Effect of Cold Showering on Health and Work: A Randomized Controlled Trial.
12 J. Zhang et al 2014. Cryotherapy suppresses tendon inflammation in an animal model.
13 W. Siems et al et al 1994. Uric acid and glutathione levels during short-term whole body cold exposure.
14 T. Ikäheimo 2017. Cardiovascular diseases, cold exposure and exercise.
15 M. Cornwall 1994. Effect of temperature on muscle force and rate of muscle force production in men and women.
16 A. Leitz 2016. Better Body – Better Brain. 49
17 W. Yau 2021. Chronic cold exposure induces autophagy to promote fatty acid oxidation, mitochondrial turnover, and thermogenesis in brown adipose tissue.
18 R. Lechan 2018. Thyrotropin-Releasing Hormone (TRH).
Foto: Jorge Fernández @ Unsplash
Einige der Links auf meinen Internetseiten können sogenannte “Affiliate-Links” sein. Das heißt, wenn du auf solche Links klickst und den dort angebotenen Artikel kaufst, erhalte ich eine Affiliate-Provision. Für dich ergibt sich dadurch kein anderer Preis. Unabhängig davon empfehle ich nur Produkte oder Dienstleistungen, die ich persönlich kenne und glaube, dass sie meinen Lesern einen Mehrwert bieten. Ansonsten ist Genuss und Glück frei von Werbung.
Franziska hat sich auf die Bedürfnisse von Menschen mit Autoimmunerkrankung(en) spezialisiert. Dabei richtet sie ihr Handeln an der menschlichen Natur aus: jeder Schritt zu "mehr Mensch" ist ein Schritt in Richtung gesteigerter menschlicher Gesundheit. Das bedeutet auch, durch gesunde Ernährung und Lebensweise Krankheiten möglichst gar nicht erst zuzulassen. Franziskas Artikel liefern nicht nur Wissen sondern auch Rezeptideen, denn sie ist durch ihre eigene gesundheitliche Reise zu einer kreativen Köchin geworden.
Brunhilde Salomon meint
Super, liebe Franziska, das hätte ich nicht gedacht. Da ich leicht friere, habe ich mich immer etwas wärmer angezogen. Allerdings praktiziere ich seit Jahren das Wechselduschen, um mein Immunsystem zu stabilisieren. Nun werde ich es mal mit Kaltduschen versuchen. Eine Zeitlang bin ich früh barfuß durchs Gras gegangen, habe es dann aber wieder fallen lassen, da es mir zu aufwändig war.
Auf jeden Fall werde ich meine Einstellung zur Kälte mal überdenken.
Franziska Mickley meint
Hallo liebe Brunhilde,
es freut mich, dass mein Artikel Dich zum Nachdenken angeregt hat. Und Du hast ja durch Deine Wechselduschen schon einige Erfahrungen mit der Kälte gesammelt. 🙂
Ich laufe auch total gerne durch das morgendliche Gras – gerade wenn es ein wenig feucht ist. Da kommt dann das Erden noch mit ins Spiel.
Viele Grüße,
Franziska